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1. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 55

1828 - Soest : Nasse
55 Sind die Sinne eines Menschen schwach, wendet der Mensch nicht, wenn er kann, viele Sinne an, um etwas zu erkennen, so wird sich seine Seele oft täuschen und sich ganz falsche Vorstellungen machen. Hat jemand ein schwa- ches Auge, so wird er oft in einiger Entfernung einen Menschen für einen Baum, ein Gesträuch für ein Haus ansehen; der, welcher nicht gut hört, glaubt Menschen ge- hen zu hören, wenn Hunde oder Ratten in dem Hause ihr Wesen treiben. Wie mancher hält den Schatten von einem Baume beim Mondschein für ein Gespenst, weil er sich blos auf sein Gesicht verläßt und sein Gefühl nicht zu Rathe zieht. Je vollkommener, je feiner unsre Sirmeowerk- zeuge sind, je mehrere wir bei einem Gegenstände auwen, den, um ihn zu erkennen, desto seltner wird der Irrthum sein. Unsere Seele hangt also in Absicht einer richtigen Erkenntniß gar sehr von unserm Körper ab. Unsere Seele ist es, welche denkt, empfindet und will. So oft sie sich nun etwas denkt, was unsern Sinnen an- genehm ist, so will sie es, oder es entsteht in uns eine Begierde darnach; so oft sie sich aber etwas denkt, was unfern Sinnen unangenehm ist, so will sie es nicht. Nicht alles, was unfern Sinnen angenehm ist, erkennt unsere Seele auch für gilt und thnnlich. Lange zu schlafen, immer kostbare, sehr wohlschmeckende Speisen zu genießen behagt unsern Sinnen^ allein unsere Seele findet es nicht für gut, die kostbare Zeit ganz dem Schlummer aufzu- opfern und das Vermögen so wie die Gesundheit für einige Stunden an der Tafel hinzugeben. Dessen ungeachtet hat unser Körper einen großen Einfluß auf die Seele, und wir thun des Körpers, der Sinnlichkeit wegen Vieles, was die Seele für schlecht erkannte. Der Körper wirkt also, wie wir gesehen haben, sehr auf unsre Seele, welcher er nicht bloß Vorstellungen zuführt, sondern auf deren Begehren oder Abneigung er auch einen großen Einfluß zeigt. — Noch größer ist aber die Ge- walt, welche unsere Seele über den Körper hat. Will unsere Seele etwas ausführen, so bedient sie sich fast immer des Körpers znm Werkzeuge. Wir wollen schreiben, lesen, etwas sehen, hören und dergleichen —- und gebrauchen dazu unsre Hände, Augen, Ohren. Verläßt die Seele den Körper, so liegt dieser ohne Be-

2. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 56

1828 - Soest : Nasse
56 wegung-, ohne Smvsinduna da. Wenn ein Mensch seine- Sinne mid alle Glieder seines Leibes nicht mehr gebrau- chen kann, so nennen wir ihn todt. Ein todter Mensch kann nicht mehr durch seine Sinne empfinden und sich von selbst bewegen. Daö Leben bestehet also in der Verbindung zwischen Seele und Leib; wenn aber diesem Verbindung aufhöret, so erfolgt der Tod. Die Vorzüge deö Menschen- vor fcen. Pflanzen: und Thieren.. Ä8enn wir die Dinge um uns her betrachten, so. finden wir einen großen Unterschied unter denselben. Einige von denselben können empfinden und sich von selbst bewegen; diese nennen wir lebendig, und Thiere und Menschen gehören dazu. Andere aber können dies nicht; diese nennen wir leblos und rechnen dazu Pflanzen und Steine. Die Pflanzen entstehen, mdem sic aus der Erde hcr- vorwachsen, aus welcher sie durch die Wurzeln Säfte an sich ziehen, welche ihnen zur Nahrung dienen, wodurch der Wachsthum derselben befördert wird. Die Thiere ent- stehen auch, indem sie von andern Thieren entweder le- bendig geboren, oder aus Eiern ausgebrütet, oder wie die Polypen durch Abschnitte fortgepflanzt werden, und nähren sich von Speise und Tränk. Die Pflanzen sind erst klein, dann wachsen sie und werden größer; aber nach einiger Zeit verwelken sie wie- der und verdorren endlich. Die Thiere sind auch an- fänglich klein, dann wachsen sie und werden größer; aber endlich werden sie alt und sterben. Die Pflanzen können sich nicht von selbst bewegen, sie wissen auch nicht, daß sic da sind. Die Thiere können sich von selbst bewegen, denn sie haben eine Seele, welche empfindet und will. Die Thiere haben einen Leib, die Menschen auch; doch ist der Leib der Thiere von dem Leibe der Menschen unterschieden... Der

3. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 57

1828 - Soest : Nasse
— 57 — Der Skier hat Hörner, um sich damit zu vertheidigen, der Mensch aber nicht; die Katze hat einen Pelz, welcher sie vor der Kälte bewahrt, der Mensch aber nicht; die Katze kann klettern, der Vogel fliegen, der Fisch anhaltend und unter der Oberfläche des Wassers schwimmen, der Mensch aber nicht; und doch weiß sich der Mensch immer zu helfen, weil er eine Seele hat, welche viele Dinge ver- gleichen und unterscheiden, welche urtheilen und schließen kann. Daher kommt es auch, daß der Mensch genöthigt ist, nachzudenken; die Thiere aber nicht. Der Mensch hat Hände, mit welchen er viel Nützliches und Schönes verfertigen kann. Mit ihnen kann er schrei- den, schnitzen, nähen, drechseln, die Pferde regieren, säen, ernten u. s. w. Wenn ein Thier auch so klug, wie ein Mensch wäre, so würde ihm seine Klugheit ohne Hände nichts helfen, und er würde seinen Zustand wenig verbes- sern können. — Das Thier must sich mit seiner Kraft be- gnügen; der Mensch aber kann durch sein Nachdenken Werkzeuge und Maschinen erfinden und mit seinen Hän- den verfertigen, mit welchen er seine Kräfte überaus vermehren kann. Mit der Wagenwinde, nüt dem Hebet, mit der Rolle und andern Werkzeugen kann er die größ- ten Lasten heben; mit der Flinte kann er die stärksten Thiere bezwingen; auf Schiffen wandelt er über das Meer; mit dem Luftballon fährt er in die Lnft. Er baut sich feste Wohnungen, worin er sich gegen wilde Thiere, Kälte, Hitze, Regen und Wind schützt. Er sichert sich durch Dämme gegen Uebcrschwcmmungen, und durch Gewitterableiter gegen den Blitz. Viele Thiere können zwar einen Laut von sich geben und schreien; aber sie können diesen Ton nicht durch Zunge, Zähne und Lippen vielfach abändern. Der Mensch kann die Töne im Munde durch die Sprachwerk- zenge zu Worten bilden und sprechen. Durch die Sprache geben wir Andern unsre schmerzlichen und unsre angenehmen Empfindungen zu erkennen. Wenn die Menschen sprechen, so denken sie sich etwas dabei, und suchen dem, mit welchem sie sprechen, ihre Ge- danken durch vernehmliche Laute zu verstehen zu geben. Wenn ein Mensch spricht, und andere Menschen ihn

4. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 58

1828 - Soest : Nasse
- 59 - ) . ' ' ihn verstehen sollen, so müssen sich diese eben dasselbe dabei denken; sonst verstehen sie sich einander nicht. Die Thiere können nicht reden lernen, und wenn sie auch von dem Menschen mit Mühe und Noth gelernt haben, ein paar Wörter auszusprcchen, so denken sie doch nichts dabei. Sie lernen auch nicht lesen und schreiben, sie geben auch nicht ans Alles Acht, was sie sehen, und wünschen nicht, immer mehr zu lernen. Der Mensch kann sogar durch die Bewegung seines Körpers, besonders der Hände, des Kopfs und der Au- gen, Andern seine Gedanken und Wünsche zu verstehen geben, er kann die Geb erden Drache reden. In sei- nem Gesichte lesen wir Freude und Traurigkeit, Güte und Zorn, Verlangen und Abscheu. Der Mensch erreicht ein höheres Alter, als die meisten Thiere, und kann irr allen Landern der Erde ansdauern, sie mögen heiß oder kalt sein. Die meisten Thiere aber werdeik krank und schwach, wenn sie auö heißen Gegenden in kalte, oder auö kalten Gegenden in heiße gebracht werden. Jedes Thier hat von Natur einen Trieb zu Allem, was ihm dienlich, und einen Widerwillen gegen Alles, was ihm schädlich ist. Die Kuh vermeidet auf der Weide die gifti- gen Pflanzen, weil sie einen Ekel daran hat; nicht weil sie die schädliche Wirkung derselben kennt. Auch zu gewis- sen Handlungen, die zu ihrer Erhaltung nothwendig sind, haben alle Tbicre von Natur einen Trieb. So haben die Gänse und Enten einen Trieb zu schwimmen, viele Vögel einen Trieb im Winter wegzuziehen, weil sie keine Nah- rung bei uns finden würden. Auch die Menschen haben viele Triebe,'z. E. einen Trieb zum Essen, zum Schlafen; einen Trieb, in Gesellschaft mit Andern zu leben re. Das Thier kann blos mit seinem Triebe nntcrscheiden, was ihm schädlich oder nützlich ist; der Mensch aber kann dieses durch seine Vernunft thun. Die Thiere sind, wenn sie nur genug Nahrung haben, zufrieden. Sie begnügen sich deswegen, die Dinge, welche zu ihrer Nahrung dienen, zu kennen und zu unterschei- den. — Der Mensch aber kennt weit mehrere und viel des- sere

5. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 59

1828 - Soest : Nasse
- 59 - sere Freude». Er empfindet Vergnügen beim Anblick der schönen Natur, der blumigen Wiesen, der grünen Bäume, der Sonne, des Mondes und-des gestirnten Himmels; er hat Gefühl für Wohlktang und Musik; es macht ihm Vergnügen, seine Kenntnisse zu vermehren; ihn freut es, wenn er andere Menschen glücklich sieht und glücklich ma- chen kann. — Der Mensch ist in seinen ersten Lebensjahren schwach und hinfällig, und braucht weit länger die Pflege und Unterstützung der Eltern als die Thiere. Auch dies ist ein Vorzug; denn dadurch wird die Liebe zwischen Eltern und Kindern desto stärker und inniger, und die Eltern kön- nen mehrere Zeit und Sorge auf die Erziehung verwenden. Wie roh und ungebildet würde der Mensch bleiben, wenn er schon in den ersten Jahren sich selbst überlassen würde. Ein jeder Mensch kann unterscheiden, was wahr, und was falsch ist. Er kann sich unzählige richtige Be- griffe machen, denn er hat das Vermögen, zu denken, und dies ist sein größter und herrlichster Vorzug vor den Thieren. Er sieht B. ein, dast er nicht würde leben können, wenn er mcht Speise und Trank zu sich nähme, keine Kleidung und keine Wohnung hätte; daß er also diese drei Dinge nicht entbehren kaun. So erhält er ei^ nen Begriff von Bedürfnisse n. Der Mensch kann sich auch aus dem, was er gesehen, gehört, verstauben und begriffen hat, eine Menge nützlicher Regeln sammeln. Er hat z. B. gesehen oder gehört, daß ein Mensch, der unmäßig gegessen hatte, sehr krank geworden war, und zieht aus dieser Erfahrung die Regel, daß man nicht un- mäßig essen dürfe, wenn man gesund bleiben wolle, Oder er hört, daß der Blitz sich nach den Bäumen hinzieht, und bildet sich nun daraus die Regel, daß man sich bei einem Gewitter nie unter einen Ballm stellen dürfe. Auf diese Art lernt er vermöge seines Verstandes einsehen, was nützlich und was schädlich, was zweckmäßig und was zweckwidrig ist. Du gehst in die Schule und hast dabei den Zweck, etwas Nützliches zu lernen und verständig zu werden. Aber wenn Du nun in der Schute nicht aufmerk- sam bist, sondern plauderst, oder spielst, und umher gaffst, so handelst Du zweckwidrig; denn auf diese Art kannst Du Deinen Zweck, verständiger zu werden, nicht erreichen. Durch

6. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 60

1828 - Soest : Nasse
— 60 — — Durch seilten Verstand wird der Mensch klug und geschickt, und wie bewundernswürdig sind die Werke, welche der menschliche Verstand hervorgebracht hat! Man betrachte mir die prächtigen Gebäude, die großen Schiffe, den Weberstnhl, die Mühlen n. dgl. m. Ohne Verstand wüßte der Mensch nichts vom Ackerbane, von Handwer- ken, Künsten und andern nützlichen Erfindungen. Groß und dankenswerth sind die Vorzüge, welche Gott dem Menschen zugetheilt hat! Wir wollen uns die- ser Vorzüge freuen und Gott besonders dadurch dafür danken, daß wir sie weise und gewissenhaft gebrauchen und sie zu erhalten suchen. Der kluge Bauer. ^)alitsch, ein Bauer in Sachsen, war in seiner Ju- gend so glücklich, den Unterricht eines sehr geschickten Schullehrers zsi genießen, und er benutzte auch diese Gele- genheit, seinen Verstand zu bilden, und sich nützliche Kenntnisse zu erwerben, recht gewissenhaft. Er war nicht allein in der Schule sehr fleißig und aufmerksam, sondern lieh sich auch von seinem Lehrer und dem Pfarrer nützliche und verständliche Bücher, in welchen er in den Winter- abenden oder des Sonntags las, wo der Vater seine Hilfe in der Wirthschaft und dem Feldbaue entbehren konnte. Er versäumte aber dabei aufkeilte Weise die Geschäfte seines künftigen Standes; sondern er ging seinem Vater treu- lich an die Hand und bildete sich unter seiner Anführung zu einem geschickten und fleißigen Landwirth. Bei den Kenntnissen, welche er sich erwarb, sahe er nicht darauf, ob er mit denselben würde Aufsehen erregen können; son- dern ob sie ihn klüger und frömmer machen, oder ihm einst in seinem Staude nützen würden. Mit vorzüglichem Eifer legte er sich auf die Naturgeschichte und suchte sich mit den Eigenschaften, der Lebensart, der Pflege und den Krankheiten der Thiere bekannt zu machen und' die Natur der Pflanzen zu erforschen. Dadurch bekam er nicht allein tausendfältige Gelegenheit, die Weisheit, Güte und Macht des

7. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 61

1828 - Soest : Nasse
61 des Schöpfers zu bewundern, weil Gott diese Eigenschaften auch an den kleinsten Geschöpfen offenbart hat; sondern er konnte mit diesen Kenntnissen, als er groß wurde, seine Geschäfte als Landmann besser und klüger, als Andere, be- treiben.. Weil er wußte, wie die Hausthiere gepflegt und behandelt werden mußten, so war sein Viehstand der beste im Dorfe, und seine Kühe gaben weit mehr Milch, als die der übrigen Bauern; selten wurde ihm ein Thier krank, und wenn dies auch geschahe, so war cs insgemein bald geheilt, weil er die Krankheiten und die zweckmäßigen Mit- tel kannte und nicht zu Quacksalbern seine Zuflucht zu nehmen brauchte. Auch sein Ackerbau hatte einen sehr glücklichen Fortgang; denn weil er Alles mit Nachdenken betrieb, so beobachtete er, welcher Acker zu dieser oder je- ner Frucht geschickter wäre; wodurch man schlechten Acker verbessern könne; welches Saatkorn das zweckmäßigste sei; wie man bei der Aussaat nicht blos auf Jahreszeit, son- dern auch auf Witterung Rücksicht nehmen muffe n. d. m. Er las bisweilen Schriften, in welchen der Ackerbau in andern Ländern beschrieben war, und suchte dasjenige, was seiner Gegend angemessen schien, nachzuahmen. Diese Versuche aber stellte er immer einigemal im Kleinen an, ehe er sic im Großen wagte; denn er hatte auch gelesen, daß viele Landwirthe dadurch zurückgegangen waren, daß sie ihre Wirthschaft blos nach Büchern betrieben hatten, ohne auf die Beschaffenheit ihres Bodens Rücksicht zu neh- men. Vorzüglich fand er den Anbau von mehreren Futter- kräutern sehr vortheilhast, weil er dadurch die Stallfütte- rung einführen konnte, wodurch seine Kühe einträglicher an Milch wurden, und' er weit mehr Dünger für seine Felder erhielt. Oft sagte er: ,,Es ist ein wahrer Verderb für das ganze Dorf, daß die Kühe von den Kindern auf die Weide getrieben werden, weil sich diese dadurch an den Müs- siggang und die Faulheit gewöhnen. Vis ins j4tc Jahr laufen sie hinter den Kühen her, und wenn sie dann zu einer harten Arbeit angehalten werden sollen, sind sie schwach und unbehilflich. Weil sie unter keiner Aufsicht von alten und verständigen Leuten sind, so treiben sie schändliche und boshafte Streiche; sie schälen und verderben Bäume, sie hüten andern Leuten die Früchte ab und ge-

8. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 62

1828 - Soest : Nasse
wohnen sich an Schadenfreude und Diebstahl. Den ganzen Tag sind sie allein und sprechen mit keinem Menschen; da- durch werden sie ungesellig und tückisch. Mit einem Worte, es kann ans unserm Dorfe nie ettvas rechtes werden, wenn nicht das verderbliche Kuhhüten abgeschafft wird." Einstens zog er spät, als schon längst die Sonne untergegangen war, vom Acker nach Hanfe, und herrlich leuchtete über ihm der Himmel mit tausend funkelnden Sternen. Es machte dieser prächtige Anblick einen tiefen Eindruck auf ihn; zugleich aber sagte er auch zu sich selbst: „Es ist doch schlecht von mir, daß ich, ein vernünftiger Mensch, von diesem großen Schauspiele nicht mehr, als meine unvernünftigen Pferde weiß, und was der liebe Gott durch diese Sterne zu mir spricht, nicht zu verstehen suche." Den andern Tag ging er zu dem Pfarrer und klagte ihm, wie schwer ihm gestern seine Unwissenheit auf das Herz gefallen sei, und bat ihn um ein verständliches Buch, ans welchem er sich einige Kenntnisse von den Ster- nen verschaffen könnte. Es ist dies recht gut, sagte der Pfarrer, daß Er seine Kenntnisse immer zu vermehren sucht; aber die Sternkunde ist eine sehr schwere Wissen- schaft, und Er könnte leicht darüber seinen Beruf als Bauer vernachläßigen, wenn Er sich zu sehr hinein ver- tiefte, und dann wäre Er und seine arme Familie zu be- klagen. — Nein, sagte Pa litsch, meinen Beruf würde ich darüber nie vernachläßigen, denn ich fühle mich znm Landbaue eben so berufen, wie Sie zum Pfarrerstand be- rufen sind, und ich halte den für einen schlechten Mann, der das Geschäft nicht mit Ernst treibt, welches ihm Gott aufgelegt hat. Sie wissen aber, daß ich nie in die Schenke gehe, sondern immer zu Hause bei meiner Frau, und bei meinen Kindern bleibe, welchen ich Abends etwas aus einem guten Buche vorlese, oder, so gut ich kann, nütz- liche Lehren gebe. Im Winter giebt es nicht viel zu thun, weil ich, Gottlob, nicht zu dreschen brauche, sondern blos die Aufsicht führe,f und in den Winter- abenden habe ich noch mehr Zeit übrig, da könnte ich wol ein solches Buch mit Nachdenken lesen. — Der Pfarrer gab ihm, als der Winter kam, einige zweckmäßige Bü- 'cher, unterstützte ihn mit seinem Rathe und erklärte ihm

9. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 63

1828 - Soest : Nasse
/ - 63 - die schwereren Stellen, bei welchen er ihn um Rath fragte. Weil er ehemals in der Schule sehr fertig rechnen gelernt hatte, machte er überaus große Fortschritte. Er' lernte nicht allein Sonnen- und Mondfinsternisse berechnen, son- dern entdeckte sogar im Jahr 1758 einen sehr merkwürdi- gen Kometen, wodurch sein Name in ganz Europa be- rühmt wurde. Der berühmte Prinz Heinrich von Preu- ßen besuchte ihn und beschenkte ihn mit einem sehr guten Fernrohre und vielen kostbaren Büchern; er wurde oft nach Dresden von Ministern und Gesandten zu Tische ge- beten, und seine Klugheit, noch mehr aber seine Beschei- denheit, wurde allgemein bewundert. Denn er erhob sich nicht im Geringsten über seine Nachbarn, sondern er ver- richtete noch immer mit demselben Fleiße, wie vorher, seine Geschäfte als Landmann, und er kleidete sich nicht besser, als die übrigen Bauern. Alle schätzten und liebten ihn, weil er niemanden krankte, sondern jedermann mit Rath und That beistand, wozu er wegen der großen Achtung, die er bei so vielen vornehmen Männern genoß, viel- fältige Gelegenheit hatte. „ Bleibe bei deinem Stande, Eckermann war der Sohn eines wohlhabenden Bauern in Sachsen. Weil seine Eltern eine blinde Vorliebe zu ihm gefaßt hatten, so wurde er besser gekleidet und gepflegt, als ihre übrigen Kinder. Sie ließen ihn nicht allein sehr gut im Schreiben und Rechnen unterrichten, sondern er lernte auch die Violine und Flöte sehr fertig spielen. Als er groß wurde, spielte er sehr oft mit andern Musikanten auf Hochzeiten und andern ländlichen Freudenfesten. ^Da- durch gewöhnte er sich ans Wohlleben und den Müssig- gang, und weil er wegen seines guten Violinspielcns oft gelobt wurde, so setzte er sich den Düukel in den Kopf, er sei zu gut für einen Bauer, und fing nun an, sich wie die Bürger in den Städten zu kleiden und wie diese vornehm zu'thun, wodurch er sich oft bei den Bauer» sehr lächerlich machte. Als darauf eine Accisebedientenstelle im Dorfe

10. Gemeinnütziges Lese- und Lehrbuch für die Schuljugend aller Religionsverwandten - S. 64

1828 - Soest : Nasse
Dorfe aufging, so bewarb er sich um diese und erhielt sie auch wegen seiner Fertigkeit im Rechnen und Schreiben ohne Schwierigkeit. Nun gab er seine Vanerwirtbschast ganz auf; er verpachtete sein schönes Gut um ein Spott- geld an lidcrliche Personen, welche es ganz verwildern lie- ßen, spielte den ganzen Tag die Violine oder Flöte, um ein rechter Meister darauf zu werden, gab allen Umgang mit seinen ehemaligen Kameraden auf und ließ sich nicht anders als H e r r E ck e r m a n n oder Herrei n n e h m e r nennen. Endlich kam er einmal aus langer Weile auf den Ein- fall, ein Klavier zu verfertigen, und dieses fiel wirklich weit besser aus, als man es von ihm hätte erwarten sollen, da er in solchen Arbeiten gar keinen Unterricht erhalten harte, und ihm nie ein gntes Instrument dieser Art zu Gesicht - gekommen war. Dieses aber war die Veranlassung zu seinem gänzlichen Verderben; denn nun glaubte er, daß/ ihn seine Kunst anständig und ehrenvoller in einer großen Stadt, als auf dem Dorfe ernähren wurde. Er verkaufte daher sein schönes Gut um den halben Werth, und zog nach Weimar, um sich da von dem Klavierbauen zu er- nähren, oder als Violinspieler in die herzogliche Kapelle zu kommen. Wie sehr hatte er sich aber in seiner Rech- nung betrogen! Weil er gar keinen Unterricht im Justru- mentmachen erhalten hatte und aus Eigendünkel von ver« ständigen Leuten keine Lehre annehmen wollte, so waren seine Klaviere sehr mittelmäßig, und er mußte froh sein, wenn er nur noch einmal so viel dafür bekam, als ihm das Holz und die Saiten dazu gekostet hatten. Einige schlechte Leute lernten bald die Eitelkeit dieses «»erfahrnen Menschen kennen und suchten von derselben Vortheil zu ziehen. Sie lobten sein Violinsplielen als unvergleichlich und versprachen ihm, daß sie ihn auf jede Weise dem Herzoge empfehlen würden. Der getäuschte Thor ließ sich durch dieses Lob bestechen und traktirte sie mit Wein und Kaffee, machte ihnen Geschenke, oder verborgte an sie sein Geld. In zwei Jahren hatte er daher von seinem schönen väterlichen Erbtheile nichts mehr übrig, und seilte falschen Freunde, welche nun glaubten, daß er seine Schulden ein- fordern, oder ihnen auf andere Weise beschwerlich fallen würde, sagten nun zu ihm, daß sie oft mit dem Herzoge feinet-
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